RUMÄNIEN
DER ZUSTAND DES JOURNALISMUS

Welche Hindernisse muss die Wahrheit überwinden, bevor sie in die Welt hinausdringt? Was steht zwischen uns, den Lesern und Leserinnen, und dem unverfälschten Kern einer Nachricht? Welche Herausforderungen müssen Journalistinnen und Journalisten in ihrer täglichen Arbeit bewältigen, um sicherzustellen, dass wir als Bürgerinnen und Bürger letztendlich ein genaues Spiegelbild der Welt, in der wir leben, in der Berichterstattung erhalten?
In einem Versuch, all diese Fragen zu beantworten, hat das „Zentrum für Unabhängigen Journalismus“ (Centrul Pentru Journalism Independent) mit Unterstützung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit eine neue Studie über den Zustand der Presse und des Qualitätsjournalismus in Rumänien veröffentlicht. In der Studie geht es um den wahren Preis des Journalismus, aber auch um den Preis, den die Gesellschaft zu zahlen hat, wenn es an glaubwürdigen Informationsquellen fehlt. Die Realität der journalistischen Arbeit in Rumänien im Jahr 2021 liest sich wie aus einem Drehbuch: angefangen vom Verschweigen der Quellen, weil sich die Befragten nicht trauen, offen über ihr Wissen zu sprechen; die mangelnde Transparenz der öffentlichen Institutionen bis hin zu Politikern und Politikerinnen, die Journalistinnen und Journalisten verklagen, weil sie eine „unbequeme Wahrheit" veröffentlicht haben. Eine der klaren Empfehlungen der Studie lautet daher, dass Rumänien die EU-Rechtsvorschriften zur Verhinderung von SLAPP-Klagen übernehmen soll. SLAPP sind strategische Klagen gegen Journalistinnen und Journalisten, um deren Arbeit zu erschweren und zu kriminalisieren. Ein geeignetes Diskussionsforum soll eingerichtet werden, das Fachleute aus den Massenmedien und der Justiz zusammenbringt und die Bedeutung von Meinungsfreiheit und freier Meinungsäußerung als Grundrecht bekräftigt. Die Studie fordert den Nationalen Rat für audiovisuelle Medien (CNA) auf, seinem Mandat gerecht zu werden und das öffentliche Interesse an sachlichen Informationen zu schützen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die ausgeübte mangelnde Informationspflicht der öffentlichen Instutionen hingenommen wurde und dadurch die Situation des Qualitätsjournalismus in Rumänien weiter verschlechtert hat. Vom nationalen Fernsehen und Radio wird erwartet, dass sie ihre Unabhängigkeit von der Politik erklären. Die politischen Parteien müssen dringend ihre Mitglieder auffordern, Transparenz, Meinungsfreiheit und die Rolle der Medien in einer Demokratie zu respektieren. Im nächsten Schritt wird die glaubwürdige und zügige Umsetzung aller Empfehlungen gefordert. Die demokratischen Institutionen müssen ihrem rechtsstaatlichen Auftrag nachkommen und Politikerinnen und Politiker, die Journalisten und deren Arbeit angreifen, sanktionieren und bestrafen.